Jede historische Darstellung bleibt der Versuch einer Rekonstruktion von Gewesenem. Geschichtliche Objektivität bleibt ein ldeal, dem man sich annähern, das man aber letztendlich nicht erreichen kann. Dieser Herausforderung hat sich Olaf Göbeler gestellt, und – dies sei vorweggenommen – er hat sie in überzeugender Weise bewältigt.
Im Mittelpunkt seiner Ausführungen steht die Geschichte der Stadt Willenberg und ihrer Umgebung in den Jahrhunderten preußisch-deutscher und in dem knapp sechzigjährigen jüngsten Abschnitt polnischer Herrschaft. Es gibt keine vergleichbaren Regionen in Mitteleuropa, in der Emotionen und Ideologien so hart aufeinandertrafen (und treffen) wie gerade dort in der "völkischen Wetterecke" (Ernst Wiechert) zwischen Deutschland und Polen. Olaf Göbelers Verdienst liegt vor allem in der gewissenhaften Aufarbeitung des in Deutschland und Polen vorliegenden Archivmaterials sowie dem geduldigen Zuhören der Zeitzeugen, welche die Geschichte ihrer Heimat an Körper, Geist und Seele erfahren und erlitten haben. Vor allem dadurch ist es ihm gelungen, nicht in die Falle einseitiger Ideologisierungen zu laufen – einer Gefahr, der man vor allem dann erliegt, wenn man sich unkritisch auf Geschichte aus zweiter oder dritter Hand einlässt.
In dem vorliegenden Wek werden sich die Menschen aus und um Willenberg in ihrer erlebten Geschichte und in den Bräuchen, den originellen Eigenheiten und dem tradierten Geschichtsbewusstsein ihrer Vorfahren wiedererkennen: ein Buch über und für die Betroffenen. Es geht dem Verfasser nicht um die vordergründige Darstellung von Ereignis- und Personengeschichte. Politik, Wirtschaft, Religion, Schule, Familiengeschichte(n), masurische Alltagskultur in der Vielfalt ihrer Ausprägungen werden vielschichtig, häufig miteinander vernetzt, dargestellt. Durch das reiche Namenvorkommen bietet es zudem lohnenswerte Anknüpfungspunkte für Familienforschung. Dem Verfasser ist es gelungen, am Beispiel Willenbergs und seiner Umgebung fundierte Informationen zur Geschichte Masurens schlechthin in verständlichen Zusammenhängen aufzuzeigen – pars pro toto.
Die Kreisgemeinschaft Ortelsburg wünscht dem vorliegenden Werk eine breite, aufgeschlossene Leserschaft in jetzigen und zukünftigen Generationen.
Herne/Westfalen, im Sommer 2004
Edelfried Baginski, 1. Kreisvorsitzender Dieter Chilla,
2. Kreisvorsitzender
Erstmals erscheint 59 Jahre nach Kriegsende eine umfassende detaillierte Darstellung der ereignisreichen Geschichte der ehemalige Stadt Willenberg und deren Umgebung. Leider kann diese Chronik viele Willenberger nicht mehr erreichen, sie konnten sich auch nicht mehr mit ihren wertvollen Aussagen in diese Arbeit einbringen, weil sie bereits verstorben sind. Dies ist besonders bedauerlich, denn mit ihnen ging vieles an Wissen unwiederbringlich verloren. Obwohl die von Emil Merks verfaßte ältere Chronik viele brauchbare Informationen lieferte, ließ sie viele Zeitabschnitte unberücksichtigt. Aus diesem Grund wünschte sich die Kreisgemeinschaf Ortelsburg eine Chronik, die ausführlicher über die Geschichte der Region berichtet. Es entstand ein Werk, welches über den Zeitraum von den Anfängen einer Besiedlung um 4000 v. Chr. bis nach 1945 berichtet. Zum besseren Verständnis sollte die Geschichte der Region Willenberg im Zusammenhang mit preußischer und deutscher Geschichte dargestellt werden. Neue sowie alte Literatur lieferte die dafür notwendigen Erkenntnisse. Besonders nützlich war die 1870 veröffentlichte "Geschichte Masurens" von Max Töppen. Oft finden sich in der alten Literatur noch Aufzeichnungen, über die wir nach den letzten, beiden Kriegen nicht mehr verfügen können. Von großem Vorteil ist auch die Tatsache, daß die Autoren der alten Literatur dichter am Zeitgeschehen waren. Allerdings birgt der Umgang mit alten Quellen auch die Gefahr, daß veraltete Forschungsergebnisse oder nationalistische Stimmungen aus damaliger Zeit übertragen werden und somit die Objektivität verloren geht. Bei genauerer Betrachtung gilt das aber auch für das eine oder andere neue Werk über Masuren. Die darin vorkommenden Begriffe wie "Zwangsgermanisierung" lassen die Masuren in einem umstrittenen Verhältnis zum Staat erscheinen, und stoßen besonders bei der noch in Ostpreußen geborenen Generation vielfach auf Unverständnis. Waren die Masuren keine Preußen und Deutsche? Betrachteten sich die Masuren als zwangsgermanisiert Eethnie im Deutschen Reich?
Diese Chronik ermöglicht aufgrund des umfangreichen Inhalts vielleicht mehr Verständnis für die historische Entwicklung in diesem Teil Ostpreußens und liefert zugleich Informationen über das Leben der Menschen. Denn es soll nicht nur über Daten und Ereignisse berichtet werden, ohne auf die Generationen von Menschen einzugehen, die hier über die vielen Jahrhunderte gelebt haben. Mit der wertvollen Unterstützung von Michael Bulitta, den Daten von Mitarbeitern der GeAGNO und auch dank informativer Gespräche mit Bernhard Maxin konnten wichtige Gesichtspunkte in diese Chronik einfließen. Besonderer Dank gebührt aber an dieser Stelle Heinz Rayzik, der sich mit den Ergebnissen seiner langjährigen Forschungsarbeit über den Raum Willenberg an dieser Chronik beteiligte. So befinden sich auf den nachfolgenden Seiten Namenslisten, beginnend mit dem Jahr 1540. Es ergibt sich mit der hier in Ansätzen dargestellten Ahnenforschung die Grundlage, in einem Archiv die Suche nach den Vorfahren fortzusetzen. Zuletzt möchte ich noch den Verantwortlichen der Kreisgemeinschaft Ortelsburg für ihren Entschluß, diese Chronik entstehen zu lassen danken, insbesondere Dieter Chilla, der die zeitraubende Arbeit des Lektors auf sich genommen hat und Dr. Andreas Kossert, dem die wissenschaftliche Beratung oblag.Olaf Göbeler Ennepetal, den 8. August 2004
Willenberg Die Geschichte einer ostpreußischen Grenzregion Olaf Göbeler 287 Seiten DIN A-4 Format zahlreiche s/w-Fotos und Karten Herausgegeben von der Kreisgemeinschaft Ortelsburg im Jahr 2004 30,- €uro
Alle Preise zuzüglich Porto und Verpackung. Anfragen und Bestellungen richten Sie bitte an: buchversand@kreisgemeinschaft-ortelsburg.de.