Mitteilungsblatt der deutschen Minderheit in Ermland und Masuren

01/2012   Sprache, Tradition und Sport   Ortelsburg. Neuer Vorsitzender

Neuer Vorsitzender der Gesellschaft der deutschen Minderheit "Heimat" in Ortelsburg wurde Arkadiusz Leska. Seine Prioritäten sind Sprache, Tradition und Sport.

Die Wahlen fanden am 17. März statt. Der bisherige langjährige Vorsitzende Edmund Kuciński kandidierte nicht noch einmal. Um den Sessel des Vorsitzenden bewarb sich nur ein Kandidat, der bisherige Vizevorsitzende Arkadiusz Leska.

– Warum ich kandidiert habe? Ich war viele Jahre Vizevorsitzender und sowohl die Aufgaben unserer Gesellschaft als auch die Pflichten des Vorsitzenden sind mir gut bekannt. Edmund Kuciński trug sich schon seit einem Jahr mit dem Gedanken, seine Kadenz auf dem Posten des Vorsitzenden nicht zu verlängern, und bereitete mich auf diese Funktion vor. Und weil ich gerne etwas für die Gesellschaft mache, habe ich zugestimmt, erklärt Arkadiusz Leska.

Der neue Chef der Gesellschaft will, mit dem Gedanken, dass gute Dinge nicht geändert werden sollten, keine Revolution in der Organisation machen.

– Wir erhalten alle Veranstaltungen, die wir bisher gemacht haben, versichert er.

"Heimat" soll sich jetzt unter seiner Führung jedoch mehr auf die Gewinnung größerer Mittel aus zusätzlichen Quellen konzentrieren. Mit diesen Mitteln möchte er die Jugend mehr aktivieren. Er plant auch, auf die Deutschkurse zurückzukommen und sich mehr für die Zusammenarbeit mit der Stadt zu öffnen, denn in Ortelsburg sind viele Gesellschaften aktiv. Eine weitere Aufgabe ist die Erweiterung der Zusammenarbeit mit der Kreisgemeinschaft Ortelsburg in Deutschland und der Partnerstadt Herten in Deutschland. Der neue Vorstand hat auch Lust, einen gelungenen Gedanken wieder aufzugreifen – den Tag der Märchen, den er vor 3 Jahren organisiert hat.

Arkadiusz Leska hat noch zwei Trümpfe im Ärmel:

– Ich träume von der Organisation einer Erholungs- und Sportspartakiade für die gesamte deutsche Minderheit in unserer Region, an der ganze Familien teilnehmen sollen. Darüber hinaus denken wir an die Rekonstruktion des Wappens von Königin Luise und das Anbringen einer Erinnerungstafel an dem Haus, in dem sie sich auf ihrer Flucht aus Berlin nach der verlorenen Schlacht 1806 aufhielt, fügt A. Leska hinzu.

Der neue Vorsitzende ist in Ortelsburg geboren, er ist 42 Jahre alt. Von Beruf ist er Sportlehrer. Er arbeitet im Städtischen Sportzentrum in Ortelsburg als Leiter der Sporthalle. Er ist verheiratet, seine Frau ist Deutschlehrerin, er hat zwei Kinder im Schulalter. Hobbies: Sport, Numismatik und Musik. Er ist Vizevorsitzender des Rates des Kreises Ortelsburg.

Die Gesellschaft der deutschen Minderheit "Heimat" entstand 1991. Zur Zeit zählt sie etwa 300 Mitglieder. Sie ist auf dem Gebiet von Stadt und Kreis Ortelsburg aktiv. Den neuen Vorstand bilden A.Leska – Vorsitzender, Helga Jurewicz – Vizevorsitzende, Helena Samsel – Schatzmeisterin, Maria Jerosz – Vizevorsitzende, Elza Mazanek – Mitglied.

lek (Lech Kryszałowicz)


07/2012   Blumen für Masuren   Ortelsburg. 20 Jahre Gesellschaft "Heimat"

Das frühere Masuren gibt es nicht mehr, aber Masuren leben und denken an die Zukunft. Davon zeugt das Beispiel der Gesellschaft "Heimat" in Ortelsburg, die gerade ihr 20-jähriges Bestehen feiert.

Die Jubiläumsfeierlichkeiten fanden am 13. und 14. Juli statt. Am ersten Tag wurde im Masurischen Museum eine photographische Ausstellung eröffnet, die das frühere Ortelsburg zeigt. Auf einigen Dutzend großen Photographien ist zu sehen, wie die Stadt aussah, bevor der Krieg über sie hinwegfegte. Die Ausstellung bereitete das Museum vor, aber die Photographien lieferten die Gesellschaft "Heimat" und die Kreisgemeinschaft Ortelsburg in Deutschland.

Am zweiten Tag fand ein feierliches Treffen statt. Daran nahmen unter anderem Jarosław Matłach, der Landrat des Kreises Szczytno, Dieter Chilla, der Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Ortelsburg in Deutschland, Pfarrer Witold Twardzik, der Probst der lutheranischen Gemeinde in Passenheim, Vertreter der Gesellschaft der Freunde des Gebietes von Vilnius und Nowogródek, Vertreter der deutschen Gesellschaften in Bischofsburg, Heilsberg, Johannisburg und Mohrungen, eine große Anzahl Mitglieder von "Heimat" und ehemaliger Bewohner aus Deutschland, darunter der in Groß Piwnitz geborene Schriftsteller Herbert Somplatzki mit seiner Frau, der in seinen Büchern das südliche Masuren beschreibt, teil.

– Wir lebten im Rücken der Geschichte, zitierte Pfarrer Witold Twardzik aus Passenheim einen anderen masurischen Schriftsteller, den in Lyck geborenen Siegfried Lenz. – Zur Geschichte kann man nichts mehr hinzufügen. Ich wünsche mir, dass unsere Gesellschaft den hier lebenden Menschen den Reichtum dieser Erde und ihre multiethnische Tradition zeigen kann, fügte der Pfarrer hinzu. Auf diese Multikulturalität lenkte auch Landrat Jarosław Matłach die Aufmerksamkeit.

– Es ist gut, dass wir in Zeiten der Toleranz leben und Freundschaft über Grenzen hinweg bauen können, betonte er.

Dieter Chilla hingegen unterstrich die positiven Veränderungen, die im Aussehen von Stadt und Kreis Ortelsburg aufgetreten sind.

– Wir haben ein Ziel: gemeinsam die masurische Heimat zeigen, versicherte er mit Blick auf die Kreisgemeinschaft, die Gesellschaft "Heimat" und die lokalen Vertreter.

Es gibt keinen Geburtstag ohne Blumen und Wünsche, und so war es auch dieses Mal. Zuerst überreichte der Vorsitzende der Ortelsburger Organisation Arkadiusz Leska seinem Vorgänger Edmund Kuciński Blumen und dankte ihm für die jahrelange Arbeit, später nahm er selber Glückwünsche und Gratulationen unter anderem von befreundeten deutschen Gesellschaften aus der Region entgegen. Blumen und Gratulationen sammelte auch Helena Samsel, der gute Geist von "Heimat". Im künstlerischen Teil präsentierte sich der Chor "Warmia" aus Heilsberg, der Agata Graczyk und Iwona Buraczewska, zwei Laureatinnen des diesjährigen Festivals des deutschen Liedes in Osterode, mitbrachten. Auf der Szene traten auch andere Laureatinnen des Festivals auf, aber aus Lindenort im Kreis Ortelsburg: Monika Krzenzek und Jessica Bzdurek. Alle Mädchen sind Mitglieder der deutschen Gesellschaften.

lek (Lech Kryszałowicz)

Die Gesellschaft "Heimat" entstand am 14. Januar 1991. Seine Gründer waren Edmund Kuciński, Ewald Dzienian, Adelajda Radkowska und Frieda Szymańska. Erster Vorsitzender wurde Edmund Kuciński, sein Stellvertreter Ewald Dzienian. Im Vorstand waren auch Siegfried Leska (der Vater des derzeitigen Vorsitzenden) und Ruth Kubiczek. Die Gesellschaft hat kein eigenes Lokal. Zweimal wechselte sie ihren Sitz und nutzt im Moment Räume in einem Privathaus in der ulica Bartna Strona. Die Tätigkeit ihrer Mitglieder ist ehrenamtlich. Momentan gehören der Organisation 261 Personen an, in den besten Zeiten über 600. Alle sind aktiv, unterstreicht der Vorsitzende. "Heimat" setzt sich den Erhalt der deutschen Kultur und Identität sowie die Pflege der deutschen Sprache zum Ziel. Auf welche Weise?

– Wir setzen auf die Jugend und Musikprojekte. Wir haben eine talentierte Jugend, Beweis dafür sind Monika Krzenzek und Jessica Bzdurek, und wir wollen musische Talente unterstützen, sagt Arkadiusz Leska. Aber nicht nur mit der Musik sind die Pläne dieser Organisation verbunden. Der Vorsitzende möchte in Ortelsburg eine jährliche regionale Spartakiade der deutschen Minderheit organisieren. Als Leiter des Städtischen Zentrums für Sport und Erholung hat er dazu sowohl die Fähigkeiten als auch die Möglichkeiten. Außerdem möchte "Heimat" eine Büste von Prinzessin Luise an dem Haus anbringen, in dem sie während der Flucht aus Berlin nach Königsberg vor den Truppen Napoleons 1807 6uuml;bernachtete. Geplant ist auch gemeinsam mit dem Landratsamt die Herausgabe eines photographischen Albums als Effekt der Jubi- läumsausstellung im Museum.

Ab September gibt es in Ortelsburg wieder Deutschkurse und das nicht nur für die Mitglieder unserer Organisation, erzählt der Vorsitzende.


07/2012   Erneut an der ersten Station   Mensguth. Ungewöhnliche Schicksale eines Bildes

Gegenstände sind wie Menschen: sie haben ihre Schicksale. Diese sind manchmal sehr interessant, wovon die Geschichte des Bildes "Die Himmelfahrt der Muttergottes" aus Mensguth im Kreis Ortelsburg zeugt.

Als im Winter 1945 die Familie von Paul und Hedwig Rhunau, Besitzer eines Textilgeschäfts, vor der Front aus Mensguth floh, ließ sie im Haus das Bild "Die Himmelfahrt der Muttergottes" zurück. Dieses Bild wurde 1916 gemalt, jahrzehntelang diente es als Dekoration der ersten Station bei der Fronleichnamsprozession in der katholischen Gemeinde in Mensguth. In der übrigen Zeit hing es in ihrem Haus. Es hat der Familie Rhunau anscheinend sehr gefehlt. 1974 baten sie also um die Überführung des Bildes nach Flensburg in Deutschland, wo sich die Familie Liedke aus Mensguth – Spätaussied- ler – niedergelassen hatte. Dabei half ihnen der damalige polnische Pastor. Die genauen Umstände der Aktion sind nicht bekannt.

Hedwig und Paul Liedke sind schon von dieser Welt gegangen,aber ihre einzige Tochter lebt noch und sie wollte, dass das Bild nach Mensguth zurückkehrt. Sie kontaktierte deswegen Karola Kalinski, deren Familie ebenfalls aus Ostpreußen stammt und die häufig in Mensguth ist. Sie benachrichtigte dann Pfarrer Witold Twardzik, in dessen Gemeinde Mensguth liegt, und dieser den Probst der dortigen katholischen Gemeinde, Priester Jarosław Wiszowaty. Der Probst war von der Spende überrascht, nahm sie aber gerne an.

– Das ist der erste derartige Fall, seit ich hier bin, und ich ich arbeite hier schon 5 Jahre, sagt er.

Am 15. Juli übergaben Karola Kalinski und Pfarrer Twardzik der Gemeinde Mensguth das Bild.

– Es wird in der Kirche hängen, und an Fronleichnam den ersten Altar zieren, wie früher, versicherte Priester Wiszowaty und bedankte sich für das Bild. Die Gemeindemitglieder dankten den Spendern mit Applaus.

lek (Lech Kryszałowicz)


10/2012   Unter den eigenen Leuten   Herne. Treffen der ehemaligen Einwohner des Kreises Ortelsburg

Es ist angenehm, im Ausland Menschen aus seiner Heimat zu treffen. Das ist so, wie einen Teil von ihr in der Ferne zu finden und die Zeit zu unseren Jugendjahren zurückzudrehen.

Am sechzehnten September 2012 fand in Herne (Deutschland) das feierliche Treffen der ehemaligen Einwohner von Ortelsburg und seiner Umgebung statt, und zwar im großen Saal des Kulturzentrums Herne. Unter den eingeladenen Gästen war auch unsere 9-köpfige Delegation von der Kulturgemeinschaft der Deutschen "Heimat" in Ortelsburg mit Arkadiusz Leska, unserem Vorsitzenden, an der Spitze.

Die Feier eröffnete ein Konzert des evangelischen Chores aus Gelsenkirchen- Resse. Im offiziellen Teil traten auf: Dieter Chilla, der Vorsitzende der Kreisgemeinschaft Ortelsburg, Dr. Renate Sommer, Abgeordnete zum Europaparlament, Birgit Klemczak, die Bürgermeisterin von Herne, und Arkadiusz Leska. Ein netter und bewegender Akzent während des offiziellen Teils war das gemeinsame Singen einiger Lieder, darunter die Ostpreußenhymne und das alte Volkslied "Ännchen von Tharau",

Das allgemeine Treffen dauerte von 9 bis 18 Uhr. Es war eine Zeit freudiger Begrüßungen, gemeinsam erlebter Momente, unvergesslicher Emotionen beim Finden seiner Freunde, und auch des Bewusstwerdens der verflossenen Zeit und der Vergänglichkeit der Jugend. Nicht wenige hatten Tränen in den Augen. Leider hatten nicht mehr viele die Möglichkeit, sich gemeinsam zu treffen, hier in Herne.

Nach Schätzungen nahmen an dem Treffen über 850 Personen teil, etwas mehr als im letzten Jahr. Unter den bekannten Gästen waren u.a. Pastor Witold Twardzik aus Passenheim und Pastor Szymon Czembor mit seiner Frau aus Ortelsburg, und auch Ruth Kubiczek – die Ehefrau des nicht mehr lebenden Pastors Paweł Kubiczek.

Unsere Delega- tion wurde sehr herzlich von der Kreisgemeinschaft Ortelsburg empfangen. Diese drei Tage verbrachten wir angenehm und fr6OUML,hlich. Wir übernachteten in einem Hotel in Herne, und während eines feierlichen Abendessens tauschten wir kleine Andenken aus. Als die Zeit zur Rückkehr und zum Abschied kam, war es traurig, sich zu trennen.

Unsere Freunde von der Kreisgemeinschaft und die Bürgermeisterin von Herne dankten uns herzlich für dieses Treffen und luden uns für das nächste mal ein. Besonders rührte uns der Moment des Abschieds vor der Musikschule, in der sich die Heimatstube befindet, wo wir mit dem Lied "Auf Wiedersehen" und von ganzem Herzen verabschiedet wurden.

Wir sind sehr zufrieden mit dem so ungewöhnlich warmen Empfang, sicher bleibt das Bild lange in unserer Erinnerung, das ein Teil unserer Heimat ist. Die Vergangenheit bestimmt unseren Lebensweg, und ohne sie gibt es keine Zukunft. Sie erinnert uns an unsere Wurzeln, sie erlaubt kein Vergessen, ohne sie können wir nicht existieren.

Lasst sie uns achten und pflegen!

Maria Jerosz / Fotos: Jurgen Mosdziel